In diesen Zustand zurückzukehren, mit Kinderaugen zu staunen und mit reinem Herzen zu sehen, ist das Wesen der Erleuchtung.
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Leseprobe:
In der Kindheit ist die Welt ein Paradies, ein Zaubergarten, den es zu entdecken gilt. Die Gefühle und Herzen sind rein, Tiere, Menschen und Gegenstände begeg-nen einander voller Liebe und Freude. Das Selbstverständnis ist göttlich, und das Gute und Schöne als einzige Wahrheit durchschimmert alle Wesen und Dinge. Die Wahrheit des Kindes macht die Welt transparent. Ein Kinderlachen steckt an. Kinderaugen sehen und Kinderherzen lieben tief.Wir wissen:Unsere Augen können liebevoll betrachten, auch wenn etwas lieblos geschieht.Unsere Stimme kann samtweich eine harte Wahrheit mitteilen.Auf die Wahrnehmung der Zeit hat die Zeit keinen Einfluss.Das eigene Leid zu betrachten ist frei jeden Leides.Unkenntnis einzugestehen ist weise.Wer seine Unversehrtheit fühlt, spürt sich selbst.Wer du bist, bleibt ein unlösbares Rätsel, bis du dich als vollkommen empfindest.Mit dem Heranreifen bekommt die Seele blaue Flecke. Das Erwachsenwerden ist der Verlust des Erwachens. Erwach-sensein und Erwachtsein blockieren einander. Dinge und Ge-fühle werden kompliziert – wir bekommen Komplexe. Die Welt der Gefühle wird paradox. Je stärker wir uns gegen die Angst wehren, desto vehementer drängt sie zu uns zurück. Je mehr wir vor der Lieblosigkeit flüchten, desto größer wird sie. Stoßen wir unsere Verzweiflung von uns, tritt sie nur umso heftiger an uns heran. Egal, wogegen du dich wehrst: Es gehört zu dir.Darin ist eine Logik verborgen, die es neu zu entdecken gilt: Alles im Leben gehört zu uns und lässt uns erst in Frieden, wenn wir es angenommen haben. Wendest du dich deinem Gefühl achtsam zu und schenkst ihm deine Aufmerksam-keit, wird es überschaubar und klein. Sobald du deine Dä-monen fütterst und deine Schatten liebst, werden sie kleiner und kleiner.Je mehr wir die Erleuchtung wollen, desto ferner wird sie uns stehen. Je stärker wir danach greifen, desto unantastbarer ist sie. Die Erleuchtung folgt der Logik unserer komplexen Gefühle: Nur ein »Ich« kann Erleuchtung wollen, und nur das »Ich« muss sich loslassen, um erleuchtet zu sein.Aus der Erfahrung des Ego gleicht Erleuchtung einem Retter in der Not, der umso weiter wegläuft, je mehr wir nach Hilfe schreien.
Erleuchtung erscheint dem Ego zuweilen als grau-sam, ja unfair. Die Erleuchtung »belohnt« und berührt Men-schen, die es scheinbar nicht verdient haben, und »bestraft« jene, die sich redlich darum bemühen. Viele Suchende haben enttäuscht aufgegeben, nur um plötzlich erleuchtet zu sein. Das Loslassen der Erleuchtung als etwas, das erreicht wer-den kann, steht dem ziellosen Ziel ganz nahe. Das Seiende muss nicht erst werden, und alles, was etwas wird, ist bereits. Darum wundert es nicht, dass viele Menschen nach Jahren der Entbehrung und Hingabe erst nach dem Aufge-ben und Loslassen all dessen, was sie mühsam gelernt und verinnerlicht hatten, wahrlich Erleuchtung finden konnten, allen voran Buddha.Das Loslassen steht an erster Stelle, vor und nach jeder Er-leuchtung. Um nichts anderes wird es in diesem Buch gehen. Loslassen und aufmachen, sich öffnen und seinen reinen Gefühlen Raum geben – das ist das torlose Tor. Um dir das zu vermitteln, was du in deinem innersten, kindlich reinen Wesen bist, möchte ich dir von dir erzählen. Vielleicht hast du – wie viele – vergessen, wie du bist. Die klare Essenz des Geistes, die Reinheit deines unantastbaren Herzens ist wie ein Stern. In dunklen Stunden können wir den Glauben an die eigene Göttlichkeit verlieren, und doch glimmt sie, wie ein Versprechen, immer wieder in uns auf. Da ist diese Re-gung, dieses Gefühl für etwas Tiefes und Wahres in dir. Die-ses kindliche Gefühl, dass es mehr gibt als nur Worte, mehr als nur Gedanken und dass du dich in diesem Gefühl, diesem Verliebtsein in den Moment, selbst stärker spürst. Als Kind wusstest du noch, du hast es klar und deutlich empfunden: Die Welt ist für mich da und ich für die Welt. Ich stamme aus der Liebe und kehre immer in die Liebe zurück. Es gibt genug Freude für alle, es ist mehr als genug für alle da. Aus dieser Zärtlichkeit für das, was du gerade tust und siehst, empfindest du dich über die Welt wie mit dir selbst verbun-den. Eine Blume zu berühren bedeutet, sich selbst in Form einer Blume zu berühren.
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