Alles, was es gibt, beruht auf sieben großen, einfachen Wirkprinzipien. Sie sind die Essenz der Lehre des Kybalion, eines geheimnisvollen Werkes, dessen Lehre sich auf einen großen Weisen das Alten Ägyptens, den legendären Hermes Trismegistos bezieht. Auszüge dieses Werkes wurden erstmalig 1908 schriftlich veröffentlicht, doch die Sprache des neunzehnten Jahrhunderts ist nur noch wenigen zugänglich.
Doreen Virtue hat sich an den Balanceakt gewagt, dem Werk mit seinen teilweise uralten Sinnsprüchen treu zu bleiben und es gleichzeitig in eine der modernen Spiritualität angemessenere Sprache zu übertragen. Dem spirituell Erfahrenen sind diese Prinzipien im Grunde nicht neu – doch die klaren Formulierungen und Erläuterungen können Suchenden an jedem Punkt des Wegs Inspiration, Erinnerung und Erleuchtung schenken.
Leseprobe:
Über die historischen Hintergründe der Hermetik
Aus historischer Sicht ist die legendäre Figur des Her-mes Trismegistos (des Dreifach Großen Hermes) aus der Verschmelzung des ägyptischen Gottes Thot (dem Zweifach Größten) mit dem griechischen Gott Hermes hervorgegan-gen. Nachdem Alexander der Große 332 v.d.Z. Ägypten erobert hatte, entstand dort aus der Verbindung von grie-chischer Philosophie und ägyptischem Götter- und Mysteri-enkult eine ägyptisch-hellenistische Kultur von hohem geis-tigem und spirituellem Niveau. Wie in der Antike üblich, erkannte man in den Göttern der anderen Kultur seine eige-nen wieder. Schon im 5. Jahrhundert vor der Zeitenwende beschrieb Herodot die geistige Verwandtschaft von Hermes und Thot. Der »neue Gott«, dessen Name Hermes Trisme-gistos seit dem 2. Jahrhundert n.d.Z. überliefert ist, überragte in den ihm zugeschriebenen Taten und Eigenschaften noch seine Vorgänger. Ihm wurden die Ursprünge von Sprache, Schrift, Religion, Musik und Astronomie zugeordnet. Er galt als der Urahne aller Weisheit, Philosophie und Theolo-gie. Manche betrachteten ihn als Gott, andere als Prophe-ten, wieder andere als Weisheitslehrer und manche als einen der größten Magier und Zauberer aller Zeiten. Als solcher gilt er auch als Ahnherr der Alchemie. Es gibt unzählige Geschichten und Legenden über ihn.Dass seine Lehren ihren Ursprung dreitausend Jahre vor der Zeitenwende haben sollen, lässt sich auf die Anfänge des Thot-Kultes beziehen. Thot ist einer der ältesten Götter Ägyptens und wurde bereits im Alten Reich (3700–2150 v.d.Z.) verehrt. Esoterische Legenden sehen in ihm einen jener Überlebenden aus Atlantis, die den ägyptischen Ureinwohnern die Grundlagen ihrer Kultur vermittelten. Die Historiker gehen heute mehrheitlich davon aus, dass das hermetische Gedankengut von hellenisierten, ägyptischen Tempelpriestern stammt. Es wäre also durchaus möglich, dass es auf altägyptische Quellen zurückgeht. Es muss in der Antike eine große Zahl von hermetischen Schriften gegeben haben. Der ägyptische Priester Manetho aus dem 3. Jh. v.d.Z. beziffert sie auf 36 525 Texte. 600 Jahre später werden nur noch 36 erwähnt. Heutzutage bekannt sind vor allem die klassischen hermetischen Schriften aus der Antike, z. B. das Corpus Hermeticum, eine Schriften-sammlung aus dem 1. Jh. v.d.Z. bis zum 4. Jh. n.d.Z., das Asclepius aus dem 2. bis 3. Jh. n.d.Z. und manches aus der Bibliothek von Nag Hammadi. Diese werden ergänzt durch Schriften aus dem arabischen Raum, in denen Hermes Tris-megistos als der Retter des legendären Urwissens gefeiert wird. Aus diesem Kontext stammt auch die Urfassung der sogenannten Smaragdtafel, der Tabula Smaragdina mit dem berühmten »Wie oben, so unten«, deren älteste erhaltene Version aus dem 8. Jh. stammt. Der Begriff Kybalion erscheint zum ersten Mal 1908 bei der Veröffentlichung des diesem Buche zugrunde liegenden Originaltextes in Chicago. Die Geheimhaltung genoss in der Hermetik jedoch so große Bedeutung, dass es durch-aus eine mündliche Tradition gegeben haben könnte, die zweitausend Jahre lang, zumindest unter diesem Namen, nirgends an die Öffentlichkeit gelangte. Die vorliegende Fassung von Doreen Virtue ist eine starke Zusammenfassung des Originaltextes. Dieser liegt auf deutsch in zwei Versionen vor, einer bereits vergriffenen vom Hirthammer Verlag und einer vom Akasha Verlag. Einen guten Einblick in die historische Dimension des Hermetis-mus gibt das Buch von Florian Ebeling, Das Geheimnis des Hermes Trismegistos, dem auch die hier erwähnten histo-rischen Fakten zum größten Teil entnommen wurden. Den Text der amerikanischen Original-Ausgabe findet man unter anderem unter: www.kybalion.org, eine deutsche Fassung unter www.hermetics.org (scheint der Übersetzung von Gertrud Ringhofer zu entsprechen, die im Hirthammer Verlag erschienen ist). Die andere vollständige deutsche Übersetzung von Hans Edo Schwerin ist im Akasha-Verlag erschienen. Die hier vorliegende Übersetzung der überarbeiteten Version des Kybalion von Doreen Virtue steht von der Wortwahl her der Übersetzung von Hans Edo Schwerin näher.
Eine kurze Geschichte des KybalionJedem von uns wohnen gottgegebene magische Fähig-kei-ten inne. Da wir nach dem Bilde Gottes erschaffen wurden, erscheint es nur sinnvoll, dass wir auch über schöpferische Fähigkeiten und göttliche Macht verfügen. Der Sinn unseres Lebens besteht unter anderem darin, zu lernen, diese Fähig-keiten in liebevolles, positives Handeln umzusetzen.Das Kybalion ist ein praktisches Lehrbuch zum Ver-ständ-nis und Gebrauch unserer göttlichen magischen Fähigkei-ten. Dieses 1908 erstmals erschienene esoterische »Selbst-hilfe-Buch« hat unzählige Menschen – darunter auch mich – gelehrt, die hermetischen (der Begriff leitet sich ab von Her-mes, dem Begründer dieser Philosophie) Prinzipien im eige-nen Handeln lebendig werden zu lassen. Weil die Sprache des Kybalion inzwischen etwas veraltet und rätselhaft erscheint, wies mich meine innere Führung an, das Manuskript in eine moderne Sprache zu übersetzen und durch meine Kommentare und Anwendungshilfen zu ergän-zen. Diese Aufgabe war mir eine große Ehre. Mit Sorgfalt und Ehrfurcht habe ich mich der Überarbeitung des Kyba-lion gewidmet, um die Integrität seiner Bedeutung und seiner Lehren zu erhalten. Ich habe lediglich veraltete Bezüge, Redewendungen und Wiederholungen der Autoren entfernt. Aus Respekt vor ihrem Alter und ihrer Weisheit habe ich die Sinnsprüche des eigentlichen Kybalion in ihrer ursprüngli-chen Form belassen. Meine eigenen Kommentare und Bei-spiele sind deutlich von dem Text der Autoren des Kybalion zu unterscheiden. Über die Hermetik Es wird erzählt, dass es im alten Ägypten einen großen spirituellen Lehrer gab, dessen Lehre von der schöpferischen und heilenden Kraft des Geistes handelte und der darüber Schriften verfasste. Seine Lehren waren so beeindruckend und ergreifend, dass er mit Hermes, dem griechischen Götterboten, und mit Toth, dem ägyptischen Gott der Schrift und der Mystik, in Verbindung gebracht wurde. Dieser Lehrer wird meist »Hermes Trismegistos« genannt, das bedeutet »Hermes, der Dreifach Große«. Niemand weiß genau, auf welche drei Aspekte sich dieser Name bezieht. Ebenso weiß niemand genau, wann Hermes gelebt hat, doch manche halten ihn für einen Zeitgenossen oder gar Lehrer Abrahams. Andere wiederum meinen, er habe in der Zeit von Moses gelebt. Es gibt auch kontroverse Ansichten darüber, ob Hermes tatsächlich der Verfasser der sogenann-ten »Smaragdtafel«, der Tabula Smaragdina ist, die das berühmte »Wie oben, so unten« enthält. Die hermetische Lehre war immer in eine Sphäre des Geheimnisvollen gehüllt. Die hermetischen Prinzipien wur- den nur an jene weitergegeben, die verschiedene Einwei-hungen der Läuterung, des Lernens und der Ausbildung bestimmter Fähigkeiten durchschritten hatten. Diesen Ein-geweihten wurden die Lehren dann mündlich und vertrau-lich mitgeteilt. Hermetische Philosophien flossen in die mystischen Lehren des Judentums und in den alexandri-nischen Zweig der Gnostik ein. Hermetische Schriften wie das Corpus Hermeticum und Der göttliche Pymander wur-den zunächst ins Griechische und später ins Arabische und Lateinische übersetzt. Im Mittelalter und in der Renaissance waren die Hermetik und die aus ihr abgeleitete Alchemie höchst beliebte Themen. Zu ihren Anhängern und Bewun-derern gehörten auch Sir Isaac Newton und Carl Gustav Jung.
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